Veronika Bonelli: Kommunikationsprobleme haben die einen, andere haben gar keine Kommunikation… Was tun, wenn ich jetzt merke, dass ich eigentlich gar keine echten Freunde hab? Kann man was gegen Einsamkeit tun?

Johannes Wunsch: Das Thema Beziehungen ist für sehr viele Menschen schwierig. Wenn man Schwierigkeiten in dem Bereich hat, gibt es ein paar Muster, die sich durchziehen. Einerseits gibt es Menschen, die sich selbst für so grandios und halten, dass sie eine besondere Behandlung quasi einfordern. Diese Menschen (auch Narzissten genannt) verwechseln Beziehung mit erreichter Bewunderung. Andere wiederum fühlen sich selbst so minderwertig, dass sie jeder Bewertung von anderen aus dem Weg gehen. Das macht auch einsam. Manche anderen wollen sich die Zuneigung wiederum „erkaufen“, indem sie alles für andere tun. Andere denken vielleicht, dass sie eh niemanden brauchen. Andere setzen Masken auf. Allen gemeinsam ist die bewusste oder unbewusste Angst, so wie sie sind nicht zu genügen. In Wirklichkeit ist Bindung und Beziehung aber ein tiefverwurzeltes Bedürfnis des Menschen. Glaubt man gewissen Studien ist es sogar einer der sichersten Wege zu einem zufriedenen Leben. Erkennt man an sich so ein Muster, wäre es gut damit aufzuhören. Solche Verhaltensweisen können sehr kontraproduktiv sein und auch falsch verstanden werden. Weil die Veränderung nicht immer so einfach gelingt, gibt es Psychotherapie. Was kann man aber tun, wenn das Problem nicht so tief sitzt?

Es ist hilfreich zu wissen, dass sich im Endeffekt alle Menschen nach Beziehung sehnen. Auch haben sehr viele Menschen tief verborgen irgendwelche negativen Ideen über sich (auch nicht immer bewusst). Um authentische Beziehungen zu entwickeln ist es auch notwendig sich authentisch zu geben. Vielleicht kennt das der eine oder andere, dass man in Krisen manchmal tiefere Gespräche und Beziehungen entwickelt – weil man sich ehrlicher zeigt und offener spricht. Oder wie tief wird das Gespräch mit jemanden, den man fragt wie es ihm geht und er nur „blendend, ausgezeichnet, immer perfekt“ sagt… und doch ist das genau das, was viele anstreben. Oft hat man auch die Idee im Gespräch irgendetwas besonderes leisten zu müssen – dann wird man sich gestresst bemühen immer mehrere interessante Themen parat zu haben, um das Gespräch nicht abreisen zu lassen. Auch das ist im Sinne authentischer Kommunikation Blödsinn. Manche Menschen suchen auch nach Beziehungen, die alles abdecken – in jedem Thema sollte man gleicher Meinung sein, sich über alles gleich gut unterhalten können, usw. Auch diese Idee ist sehr kontraproduktiv. Menschen sind einzigartig und haben auch unterschiedliche Bereiche in denen man sich mehr verstehen kann und andere, die weniger harmonieren. Das ist ganz normal und darf so sein. Das zu akzeptieren, würde auch erlauben Menschen mehr so zu nehmen wie sie sind.

Wenn man merkt, dass man keine echten Freunde hat, könnte man auch beginnen sich welche zu suchen. Dabei gibt es eine einfache Regel: Frequenz + Dauer + grundsätzliches Gut-gesinnt-Sein = immer mehr Beziehung. Gut Ding braucht Weile. Wie eine Pflanze braucht sie Zeit zu wachsen und Pflege. An den Blättern zu ziehen damit sie schneller wächst, würde sie aber eher kaputt machen.

Aufgabe 7: Wo könnte ich beginnen langsam wieder in Beziehungen zu investieren?